Ich bedanke mich bei Anika Schulz von den Luck Devil`s Beagles, dass ich ihren Text hier veröffentlichen darf:
„Wer Hunde züchtet, kommt nicht drum herum sich mit Krankheiten und Erbdefekten auseinander zu setzen.
Beagles sind im Allgemeinen vitale und robuste Hunde aber wie bei anderen Rassen auch, gibt es Erkrankungen unterschiedlichen Schweregrades, deren Ursachen teilweise oder ganz genetisch bedingt sind.
Verantwortungsvolle Hundezüchter machen es sich neben der Selektion nach optischen und Wesens-Merkmalen auch zur Aufgabe, das Auftreten und die Verbreitung von Erbkrankheiten einzudämmen. Ein vollständiges Verhindern oder „Ausmerzen“ ist in vielen Fällen leider nicht möglich.
Dafür gibt es unterschiedliche Gründe:
Mutationen an Genen, die zu Erkrankungen führen, können grundsätzlich immer wieder spontan entstehen, worauf niemand einen Einfluss hat.
Außerdem lässt sich nicht immer zweifelsfrei klären, ob eine gesundheitliche Störung erworben oder ererbt ist. Ein Beispiel ist hier Epilepsie, die verschiedene Formen und viele Auslöser haben kann. Vererbung ist nur eine von mehreren Möglichkeiten. Der Erbgang beim Beagle ist bisher nicht eindeutig bekannt (Forschungsprojekte im Ausland arbeiten aber wohl daran) und das Problem wird oft erst erkannt, wenn es eine (familiäre) Häufung von kranken Hunden gibt.
Eine andere, den meisten bekannte, weit verbreitete Erkrankung, besonders bei großen und schweren Rassen, ist die Hüftgelenksdysplasie (HD). Bei ihrer Entstehung spielen neben der genetischen Disposition (Beteiligung mehrerer Gene) auch Umweltfaktoren eine Rolle.
Epilepsie und HD sind hier nur zwei genannte Beispiele für eine Vielzahl möglicher erblicher Erkrankungen, die leider auftreten (HD hat beim Beagle so gut wie keine Relevanz) und sich durch ihren multifaktoriellen Charakter und dem bisher nicht feststellbaren Genotyp (die tatsächliche genetische Ausstattung) der Zuchthunde auch nicht ganz verhindern lassen.
Solchen Erkrankungen begegnet man mit Beobachten und Handeln. Die Zuchtpopulation wird hier fortwährend über die Generationen phänotypisch (Phänotyp: das von außen sichtbare Erscheinungsbild) beobachtet und eingeschätzt. Möglichst jede Abweichung von der Norm wird in den Zuchtbüchern erfasst. In der Zucht eingesetzt werden nur Hunde die augenscheinlich gesund sind und gesunde Nachkommen haben. Hunde, die kranke (in Bezug auf die entsprechende Erbkrankheit) Nachkommen haben, und selbst erkrankte Hunde werden aus der Zucht genommen. In der Gesamtheit kein leichtes Unterfangen und das vereinzelte Auftreten von diesen Erbkrankheiten kann wie schon beschrieben nicht 100% verhindert werden.
Bei vielen anderen Erbkrankheiten sind aber inzwischen der Erbgang und das defekte Gen bekannt und es wurden entsprechende Gentests entwickelt.
Für die Rasse Beagle stehen zurzeit mehrere Gentests für autosomal-rezessiv vererbte Störungen zur Verfügung. Anhand dieser Tests lassen sich genetisch gesunde und betroffene (kranke) Hunde sowie Anlagenträger identifizieren.
Zum autosomal-rezessiven Erbgang muss man wissen, dass nur die Individuen erkranken, die das defekte (rezessive) Gen homozygot (d.h. zweimal gleich, je vom Vater und von der Mutter geerbt) tragen. Liegt dagegen ein defektes neben einem gesunden (dominanten) Gen vor (= heterozygot), so sind sie gesund, können aber das defekte Gen weiter an die Nachkommen vererben.
Kennt der Züchter den Genotyp seiner Hunde, kann er ganz gezielt dahin gehend planen, dass keine kranken Welpen geboren werden. Hunde, die Träger der rezessiven Erbanlage für eine Erkrankung sind, müssen nicht zwangsläufig aus der Zucht genommen werden, schließlich haben sie ja meist noch viele andere und für die Zucht wertvolle Eigenschaften.
Werden genetisch gesunde Hunde mit Anlagenträgern verpaart, so sind alle Nachkommen gesund, aber ein Teil (statistisch 50%) ist Anlagenträger. Genetisch gesunde Hunde mit kranken Hunden verpaart, ergeben zu 100% (gesunde) Anlagenträger.
Kranke Nachkommen treten nur dann auf, wenn Anlagenträger miteinander oder mit kranken Hunden verpaart werden. Und genau dies kann vom Züchter vermieden werden, sobald die Elterntiere getestet sind.
Hier sind einige dieser Krankheiten, auf die Beagle untersucht werden können, kurz vorgestellt.
Faktor VII-Mangel
Quellen: Biofocus und Laboklin
Vorkommen bei: Airedale Terrier, Riesenschnauzer, Beagle, Scottish Deerhound, Alaskan Klee Kai
Faktor VII ist ein im Blut vorhandener Gerinnungsfaktor, der bei der Einleitung der Blutgerinnung eine Rolle spielt. Bei von Faktor VII-Mangel betroffenen Tieren kommt es zu einer milden bis moderaten Blutungsneigung. Die Tiere zeigen in der Regel keine Symptome und selbst Operationen können meist ohne abnorme Blutungen durchgeführt werden. Oft werden die Tiere erst bei Blutuntersuchungen (verlängerte Prothrombinzeit und Fakor VII-Aktivität bei nur 1-4%) oder durch den Gentest identifiziert. Einige Einzelfälle mit starken Blutungen während der Trächtigkeit oder während Operationen sind dokumentiert.
Imerslund-Gräsbeck-Syndrom (IGS)
Quelle: Laboklin
Vorkommen bei: Border Collie und Beagle
Das Imerslund-Gräsbeck-Syndrom (IGS) ist gekennzeichnet durch die Malabsorption von Vitamin B12 aus der Nahrung. Der chronische Cobalamin-Mangel führt zu Veränderungen im Blutsystem (wie beispielsweise Makrozytäre Anämie) und neurologischen Ausfällen aufgrund irreversibler Schädigungen des Gehirns und Nervensystems. IGS kann durch eine frühzeitige und regelmäßige Substitution von Vitamin B12 therapiert werden. IGS gibt es wahrscheinlich schon lange, der Gendefekt ist seit 2005 bekannt und der Test ist nun endlich verfügbar. Unbehandelte Hunde sind oft richtig krank und sterben vorzeitig. Aufgrund des Vorkommens von Hunden, die die Erbanlage für IGS tragen, und dem ungewollten Auftreten von kranken Hunden hat der BCD im Herbst 2014 das Testen auf IGS für alle neuen Zuchthunde zur Pflicht gemacht. Es dürfen keine IGS Träger miteinander verpaart werden.
Ab 2016 darf mit keinem nicht getesteten Hund mehr gezüchtet werden.
Musladin-Luecke-Syndrom (MLS)
Quelle: Laboklin
Vorkommen: Beagle
Das Musladin-Lueke Syndrom (MLS) wird verursacht durch eine ausgeprägte Fibrose der Haut und Gelenke. Erste Symptome sind bereits im Alter von 2-4 Wochen zu erkennen. Im Laufe des ersten Jahres verschlimmert sich die Erkrankung, um sich dann mit einem Jahr zu stabilisieren. Als Welpen gedeihen betroffene Hunde nicht gut. Außerdem weisen sie verkürzte äußere Zehen, einen festen Körperbau aufgrund der verstärkten Haut und Muskeln sowie eine typische flache Kopfform auf. Die Hunde laufen auf den vorderen Ballen, was zu einem Ballerina-ähnlichen Gang führt. Betroffene Hunde leiden weiterhin unter Arthrose und Steifheit. Sie zeigen ein ungewöhnlich „freundliches“ Wesen. Auf der Züchterversammlung des BCD im Jahr 2012 wurde beschlossen, erstmal befristet auf 2 Jahre, alle neuen Zuchthunde auf MLS testen zu lassen. Alle bisher getesteten Zuchthunde sind vollkommen gesund und reinerbig für das intakte Gen. Die Pflicht zum Testen wurde inzwischen wieder aufgehoben.
Neonatale Cotikale Cerebelläre Abiotrophie (NCCD)
Quelle: Laboklin
Vorkommen: Beagle
Die cerebelläre Abiotrophie beim Beagle ist eine Erbkrankheit, die zum programmierten Zelltod der Purkinje-Zellen im Kleinhirn führt. Durch das Absterben der Zellen kommt es zu Störungen in der Motorik und im Gleichgewicht. Betroffene Tiere zeigen schon kurz nach der Geburt oder im sehr jungen Alter Symptome wie Tremor, Ataxien und spastische Lähmungen.
Primäres Weitwinkel-Glaukom (POAG)
Quelle: Laboklin
Vorkommen: Beagle
Beim primären Weitwinkel-Glaukom handelt es sich um eine genetisch bedingte Bindegewebestörung im Auge. Diese hat zur Folge, dass das Kammerwasser nicht richtig abfließen kann und sich der Druck im Auge erhöht. Dadurch werden schließlich der Sehnerv und die Netzhaut beeinflusst was zu Sehausfällen und letztlich Blindheit führen kann. Erste Symptome umfassen geweitete Pupillen, rote Augen, trübe Hornhaut und einen erhöhten Augeninnendruck. Bei weiterer Zunahme des Drucks entstehen Schmerzen, die zu Fressunlust, Kratzen am Auge, Reiben des Kopfes an Gegenständen und Aggressivität führen können. Bei frühzeitiger Diagnose kann eine Schädigung des Sehnervs und der Netzhaut durch ständige Senkung des Augeninnendrucks vermieden werden.“ Anika Schulz
Weitere Erbkrankheiten:
Glasknochenkrankheit
Ein Defekt der Kollagen-Gene führt zur Glasknochenkrankheit, auch Osteogenesis imperfecta genannt. Die Erkrankung führt bereits im Welpenalter zu typischen Symptomen, nämlich extrem zerbrechliche Knochen und Zähne.
Pyruvatkinase-Defizienz (PK)
Aufgrand der fehlenden Pyruvatkinase ist Glykolyse in den Erythrozyten beeinträchtigt. Dadurch bedingt kommt es zur schweren chronischen, regenerativen hämolytischen Anämie und Retikulozytose. Klinische Symptome der Erkrankung sind allgemeiner Schwächezustand und eine vergrößerte Milz.
Lafora-Krankheit
„Die Lafora Krankheit ist eine autosomal rezessiv vererbte Krankheit, die medizinisch zu den Myklonusepilepsien gezählt wird und auch beim Menschen auftritt.
Ursache für die Lafora Krankheit ist eine Mutation an dem Gen EPM2B
Folge der Genmutation, welche der Lafora Krankheit zugrunde liegt, ist wahrscheinlich eine gestörte Umwandlung von Glucose in die Speicherform Glykogen. Es entstehen stärke-ähnliche unlösliche Polyglucosane, die als Laforakörper bezeichnet werden. Diese reichern sich nach und nach als Ablagerungen in Zellen an, vor allem im Gehirn und Nervensystem aber auch im Leber- und Muskelgewebe. Im zentralen und peripheren Nervensystem führen diese Ablagerungen dann irgendwann zu einer gestörten Reizweiterleitung.
Eine Rassedisposition ist u.a. bei Mini-Drahthaarteckel, Basset Hound und Beagle bekannt.
Betroffene Hunde zeigen die ersten Symptome ab dem 6. Lebensjahr, oft auch erst später (über 7 Jahre). Die Krankheit ist nicht heilbar, fortschreitend und die Symptome in den meisten Fällen nur geringfügig behandelbar.
Nach Einsetzen der Symptome ist die Lebensqualität in vielen Fällen stark beeinträchtigt und die Lebenserwartung verkürzt sich.
Typische Symptome sind:
– rasche, unwillkürliche Muskelzuckungen (Myoklonien) besonders im Bereich von
Kopf und Schulter (optischer Eindruck wie plötzliches Erschrecken); auslösbar
durch äußere Reize (Licht, Bewegungen im Gesichtsfeld, Geräusche)
– plötzliches „Umfallen“ mit gleich anschließendem Wiederaufstehen ohne
Bewusstseinseinschränkungen
– partielle oder generalisierte Krampfanfälle
– Muskelzittern (in Ruhe)
– Ataxie und Koordinationsstörungen (z.B. Probleme beim Treppensteigen)
– verstärktes Blinzeln
– Blindheit als langfristige Folge
– Verhaltensänderungen: Zunahme von Unsicherheit und Stressanfälligkeit;
zunehmende Zurückgezogenheit, Demenz“ Text: Anika Schulz
3 Befunde kann es bei einem Gentest geben:
– clear = frei, der Hund ist gesund (Ergebnis aus dem Labor: Genotyp N/N)
– carrier = Träger, der Hund ist gesund, kann aber die Krankheit unter Umständen weiter vererben (Ergebnis aus dem Labor: Genotyp N/getestete Erbkrankheit)
– affected = erkrankt, der Hund ist krank (Ergebnis aus dem Labor: Genotyp getestete Erbkrankheit/gesteste Erbkrankheit)
Gentests sind sinnvoll um eine Verpaarung zu wählen aus der keine kranken Tiere hervor gehen können. Diese möglichen Verpaarungen gibt es:
1) clear x clear = 100% clear, kein Welpe erkrankt, kein Welpe kann das Gen weitergeben
2) clear x carrier = 50% clear, 50% carrier, kein Welpe erkrankt
3) clear x affected = 100% carrier, kein Welpe erkrankt
4) carrier x carrier = 25% clear, 50% carrier, 25% affected (erkrankt)
5) carrier x affected = 50% carrier, 50% affected (erkrankt)
6) affected x affected = 100% affected (erkrankt)
Hieraus ergibt sich, dass die Verpaarungen 4) – 6) zu vermeiden sind.
Carrier (Träger) müssen und sollen nicht aus der Zucht genommen werden.
Die Empfehlung des BCD lautet Trägerhunde nicht auszugrenzen:
„Ein Träger hat in seinem „Gen-Puzzle“ neben diesem einen nicht perfekten Teil sicher viele 100 Teile die den Hund für die Zucht dennoch wertvoll machen.“ Beagle Brief Heft 3 / September 2015
Es ist nur darauf zu achten einen Träger (carrier) mit einem freien (clear) Hund zu verpaaren (siehe mögliche Verpaarungen Punkt 2)